„Haus kaufen ohne eigenes Geld“, das war gestern der Aufmacher auf der Titelseite der Bild-Zeitung.
Angelockt durch diesen Satz, kaufte ich mir die Bild-Zeitung, um mal zu sehen, was hier genau gerechnet wurde.
Es geht um eine Familie Pelz aus Bayern, die bisher für Ihre Mietwohnung 750 € Miete warm bezahlen.
Die Familie hat zwei Kinder (2 + 6 Jahre alt) und die Ehefrau ist für die Kinder zu Hause.
Der Ehemann Pelz verdient 3.500 € Brutto, laut eines Lohn-und Gehaltsrechners im Internet kommen hier ca. 2.500 € netto zusammen.
Jetzt hat diese Familie ein Haus gefunden für 190.000 €, die Familie hat keinerlei Eigenkapital und die Sparkasse hat die Finanzierung erst einmal abgelehnt.
Ein Finanzberater hat dann das gewünschte Darlehen vermittelt. Jetzt geht die Rechnung laut der Bildzeitung vom 25.Nov. 2013 auf Seite 10 so:
Gehalt: 3.500 € brutto/Monat
(Warum wird hier das Bruttogehalt angegeben, wo doch nur das Nettogehalt auf das Konto fließt und somit für einen möglichen Zins-und Tilgungsdienst zur Verfügung steht? Das Nettogehalt wäre ca. 2.500 € im Monat)
Miete derzeit: 750 € warm.
Kaufpreis Haus: 190.000 €
(Wir erinnern uns noch, die Familie ist ganz stolz: „Wir haben ein Haus ohne eigenes Geld gekauft“, dann frage ich mich was ist mit den Kaufnebenkosten die anfallen? In Bayern haben wir noch, neben Sachsen die günstigste Grunderwerbssteuer von 3,5%, in allen anderen Bundesländern liegt diese zwischen 5 – 6,5% (In Schleswig Holstein ab 1.1.2014)
3,5 % auf den Kaufpreis wären weitere Kosten von 6.650 € und es kommen noch Notar- und Grundbuchkosten dazu von ca. 1,5%, das wären auch noch 2.850 €, somit landen wir hier bei Kaufnebenkosten von 9.500 €.
Ob die Immobilie mithilfe eines Maklers gekauft wurde geht aus dem Artikel nicht hervor, das könnte aber mit weiteren 3,57 % bis 5,95%, oder mehr zu buche schlagen)
Kredit Zins: 3,5% pro Jahr
Tilgungsrate: 3,3% pro Jahr
Belastung: 708 € / Monat
(Und diese Zahl hat mich doch sehr stutzig gemacht. Nehmen Sie sich doch bitte mal einen Taschenrechner zur Hand und rechnen Sie bitte 190.000 € x 6,8%, ups auf einmal stehen da auf dem Taschenrechner 12.920 € Jahresrate, das teilen Sie dann durch die 12 Monate und dann kommen Sie auf:
1.076,76 € Belastung im Monat. Warum unterschlägt hier die Bild-Zeitung 368 € im Monat?
In dem Artikel steht auch schön in Fettschrift:
„Jetzt will die Familie das Geld lieber in einen Hauskredit stecken, statt es dem Vermieter nachzuwerfen.“
Hier wird doch suggeriert, dass es ja so einfach ist ein eigenes Haus zu kaufen und das kostet sogar weniger als eine Mietwohnung.
Ja, wenn es nur stimmen würde.
Im Überblickkästchen läßt sich noch lesen, dass die Nebenkosten (für Gas, Müllabführ, Grundsteuer – Strom wird nicht erwähnt, soll aber wahrscheinlich dabei sein)
bei 300 € im Monat liegen.
Also wen die Berechnung jetzt richtig wäre, dann hätten wir laut Bild-Zeitung für das Darlehen nur „wundersame“ 708 € im Monat zu zahlen + 300 € Nebenkosten. Dann wären das 1008 € im Monat. Das wären ja nur 250 € mehr als in der Mietwohnung.
Die Zahlen stimmen aber nicht, wie Sie ja selbst mit Ihrem Taschenrechner nachgerechnet haben.
Tatsächlich liegt die Familie bei diesen Eckdaten (Zins+Tilgung) bei 1.076,76 € im Monat + 300 € Nebenkosten, da sind wir schon bei 1.376,76 €.
Somit wären schon 55% des Nettoeinkommens für die Familie für den Schuldendienst und die Nebenkosten weg.
Bei der Mietwohnung mit 750 € warm waren es nur 30% des Nettoeinkommens.
Überlegen Sie bitte selbst, ob das so einfach machbar ist? Was ist wenn der Ehemann mal arbeitslos wird?
Im Artikel wird geschrieben:
„Es wurde mit dem Finanzberater eine Sondertilgung von 3.000 € im Jahr vereinbart und die Ehefrau wird zitiert mit den Worten: „Wir sind sicher, dass das klappt.“ Weil Sie ja bald wieder als Friseurin arbeiten wird. „Mit dem Verdienst wäre sogar ein jährlicher Urlaub drin.“
Klasse oder? Ein Haus, das nicht mehr kostet als die Mietwohnung (nur fast das doppelte mehr), Sondertilgung geht, ist doch klar.
(Das Haus ist aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts – an sich ist das fast neu, Reparaturen wird es da wohl keine geben, oder? – etwas Ironie darf doch an dieser Stelle erlaubt sein?)
Die Kredit-Laufzeit ist 15 Jahre und die Restschuld liegt nach 15 Jahren bei nur noch 44.000 €.
Unterstellen wir mal, das die Familie das Darlehen durchhält. In den 15 Jahren keinerlei Reparaturen kommen, Gas und Strom bleiben natürlich auch 15 Jahre auf dem Preis von heute), dann ist die Familie, bei diesem Tilgungssatz in 20 Jahren und 10 Monaten fertig mit Ihrem Darlehen.
Das komische ist nur das die Restschuld nach 15 Jahren eben keine 44.000 € beträgt, sondern 66.539 €. (Die Sondertilgung lassen wir mal außen vor, davon steht auch im Artikel nichts drin, dass diese mit eingerechnet wurde)
Das können Sie gerne auch mal mit dem Zins-und Tilgungsrechner der Interhyp nachrechnen. Diesen finden Sie hier:
http://www.interhyp.de/interhyp/servlet/interhyp?view=showResidualDebtCalculator&STYLE=b2c
Fazit:
Das was hier gemacht wird ist das, was viele Familien in den USA in den Ruin gestürzt hat.
Es wird suggeriert, jeder kann ein Eigenheim kaufen oder bauen, und es ist doch viel schöner die Miete in die eigene Tasche zu bezahlen.
Das stimmt schon, nur wie haben Sie vorgesorgt wenn Sie Ihren Job verlieren?
Was ist bei Krankheit (da fehlen schnell einmal 20-30% vom Nettoeinkommen), was ist bei Unfall und/oder Berufsunfähigkeit (da fehlt dann noch mehr)?
Was ist mit Instandhaltungskosten? Laut Focus online, sollten Sie hier ca. 1% des Kaufpreises pro Jahr ansetzten.
Das wären bei diesem Beispiel 1.900 € im Jahr, die die Familie Pelz hier für Reparaturen am Haus ansparen müsste und schon sieht es mit der sicheren Sondertilgung nicht mehr so gut aus, oder?
Haben Sie selbst alles durchgerechnet?
Einen Hauskauf sollten Sie auf jeden Fall mit mehr Ernsthaftigkeit angehen als einen Urlaub zu buchen. Arbeiten Sie sich in die Materie intensiv ein, die Entscheidung wird Sie und Ihre Familie die nächsten 15-30 Jahre stark beeinflussen.
Die Sparkasse hatte in diesem Fall recht, diese Familie nicht zu finanzieren. Ob es so gut ist, das die Familie doch noch ein Darlehen bekommen hat wird die Zukunft zeigen.
Wichtig wäre, das Sie die Kaufnebenkosten (sind ja hier knapp 10.000 €) selbst bezahlen können und noch so ca. 20% Eigenkapital einsetzen können. Das bedeutet, die Familie Pelz hätte hier ein Eigenkapital von 48.000 € benötigt.
Ich frage mich, wenn in Zukunft alles so easy sein soll, Sondertilgung kein Problem, Urlaub kein Thema.
Wo sind dann die Ersparnisse der letzten Jahre für eine mögliche Sondertilgung und für den Urlaub geblieben?
Dieses Beispiel zeigt schön, das bisher noch keine Sparanstrengungen unternommen wurden, zumindest keine mit Erfolg. Warum soll es dann in der Zukunft klappen, noch dazu wenn die Belastung fürs Wohnen um 626 € im Monat steigt?
Machen Sie doch selbst mal folgenden Test, wenn Sie bald ein Haus kaufen oder bauen möchten.
Rechnen Sie mal bitte Ihre neue monatliche Belastung aus, zuzüglich möglicher Sondertilgung, zuzüglich Nebenkosten (Strom, Heizstoff, Müll, Grundsteuern, Wohngebäudeversicherungen, Risiko-LV (sollten Sie haben um Ihre Familie im Fall der Fälle zu schützen – das Darlehen sollte bezahlt sein und Ihre Frau sollte 5 Jahresgehälter übrig haben), Berufsunfähigkeitsabsicherung oder eine Absicherung bei schweren Krankheiten, und natürlich Rücklagen für Instandhaltungskosten (mindestens 1% vom Hauspreis im Jahr).
Jetzt kommen Sie auf einen monatlichen Betrag. Davon ziehen Sie Ihre jetzige Miete ab. Die Differenz sparen Sie mal ein Jahr weg.
Wenn Ihnen das leicht fällt und Sie auch noch 20% Eigenkapital (+ Kauf- oder Baunebenkosten) haben, dann können Sie das Abenteuer Haus starten.
Wenn nicht, dann wäre es besser sich von diesem Experiment zu verabschieden.
Und auch mieten kann toll sein. Wenn etwas kaputt geht rufen Sie Ihren Vermieter an. Wenn Sie einen Ortswechsel vornehmen wollen, geht das schnell und unkompliziert. Wenn die Ehe zerbrechen sollte, können Sie sich schnell zwei neue Wohnungen suchen und haben kein Haus am Backen, dass sich möglicherweise, je nach Lage, schwer verkaufen läßt.
Gönnen Sie dem Vermieter doch auch mal was.
Ein interessanter und günstiger Ansatz kann es sein, ein Strohhaus zu bauen. Mittlerweile sind Strohballen als Dämmstoffe zugelassen, erfüllen die Feuerschutzanforderungen, haben eine hohe Wärmedämmung und führen in Verbindung mit Kalk-und Lehmputze zu einem offenen, gesunden Raumklima.
Das Buch „Neues Bauen mit Stroh“ ist ein guter Einstieg in das Thema Strohhaus bauen:
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Hier noch ein paar tolle Filme, die eine gute Hilfe bei der Finanzierungsplanung sein können.
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Das Handelsblatt hat dieses Thema heute auch aufgegriffen, mit einem hervorragenden Artikel:
http://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/ratgeber-hintergrund/baufinanzierung-die-maer-vom-hauskauf-ohne-geld/9125952.html